Wahrnehmungen sind verschieden
Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Mitarbeiterin, lieber Mitarbeiter,
vier blinde weise Männer sollen dem König beschreiben, wie ein Elefant aussieht. Sie werden zu einem stattlichen Exemplar gebracht. Sie strecken die Arme aus und tasten nach dem Tier. Am nächsten Tag berichten sie dem König: Der Erste hatte ein Bein des Elefanten wahrgenommen und berichtete, er sei wie ein Baumstamm. Der Zweite hatte an der Seite gestanden und sprach von einer Mauer. Der Dritte hatte den Schwanz ertastet und erzählte von einem Seil und der Vierte hatte den Rüssel berührt und staunte über eine mächtige Liane.
Die Wahrnehmungen sind verschieden, und auch Sehende sehen oft nicht. Wahrnehmungen sind noch keine Wahrheit, sie führen dahin, bedürfen allerdings des offenen Gespräches und der Verständigung. Nicht anders ist es mit der aktuellen Pandemie. Der eine sieht die Gefahr der Erkrankung, der andere die der Impfung, der nächste fürchtet um sein Geschäft und ein weiterer begrüßt die verringerten Abgase durch reduzierten Flugverkehr.
Wie hat wohl der König reagiert? Verwirrt, belustigt, verärgert? Ich denke, er hat beschlossen, gemeinsam mit ganz unterschiedlich begabten Menschen, den Elefanten zu besuchen und sich ein Bild zu machen. Dann haben alle gemeinsam wahrgenommen, wie ein Elefant aussieht und seine Kraft gut eingeschätzt. Ich hoffe sehr, dass uns das jetzt auch gelingt, mit Gottes Hilfe. Aus dem Gespräch mit Gott und guter Gemeinschaft erwachsen Chancen, die einer allein nicht sieht. Das gilt auch für andere Herausforderungen.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Woche und das Vertrauen darauf, dass auch Wahrnehmungen anderer wertvoll sind.
Ihr Pfarrer Jochen Keßler-Rosa