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"Novembergespräche"

November-Blues - Das Leben ist endlich.

Geburtstagsanruf gestern in der Verwandtschaft, Mobilnummer gewählt, eine Krankenschwester meldet sich, ich bin überrascht und habe wenig später das „Geburtstagskind“ am Apparat … Intensivstation. Mein Mund ist trocken, außer einem leisen „herzlichen Glückwunsch“ bringe ich nichts heraus. Was ich aus unvollständigen undeutlichen Sätzen heraushöre, lässt mich in Gedanken Worte formulieren, die mein Mund nicht aussprechen mag … Das Leben ist endlich!

Wir planen jetzt für 2021. Es wird schwieriger. Zuschüsse werden gekürzt, Personal fehlt immer wieder. Was und wieviel können wir tun? Was bleibt auf der Strecke? Wem können wir doch nicht angemessen helfen? Da geht im Moment "die Sonne später auf und früher wieder unter" … Manche unserer Klient*innen  sind in einer brutalen Krise, einige vielleicht jetzt ohne Aussicht? Unser Millionenhaushalt enthält Chancen für tausende Menschen, echt und real, verborgen und nur in unmittelbaren Begegnung zu spüren. Da geht so viel, aber eben doch nicht alles … Das Leben ist endlich!

"Novembergespräche": Pessimismus? Hoffnungslosigkeit? Gar Mutlosigkeit?

Nein, Nöte und Sorgen ernst nehmen. Keine rosa Brille, auch wenn sie mir, nomen est omen, gut stehen würde. Wissen, wo ich stehe. Den Tatsachen ins Auge schauen und den Schmerz bewusst wahrnehmen.

Der November ist die Zeit, den Dunkelheiten des Lebens nicht auszuweichen und der Düsternis etwas entgegen zu setzen, nichts weniger als: Glaube, Hoffnung, Liebe. Daraus folgen Ermutigung, Bekräftigung und liebevolles Handeln.

Ich wünsche Ihnen Glaube, Hoffnung, Liebe und eine gesegnete Woche rund um den Buß- und Bettag.
Ihr Pfarrer Jochen Keßler-Rosa

(Foto: Arthur Arnold)