Masken statt Gesichter
Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Mitarbeiterin, lieber Mitarbeiter,
Maske, das war mal nur Karneval und Kosmetik. Maske statt ein offenes Gesicht, das war wohl auch Geschäftsgebaren und kalkuliertes Auftreten beim Spiel oder im Machtkampf.
Jetzt ist es normal und man sieht, wie relativ Normalität ist.
Masken, Masken, Masken - wohin ich schaue: Masken statt Gesichter, weiße Stoffteile statt Mimik und Gesichtsausdruck. Ich liebe es, in einem Gesicht zu lesen. Wie wohltuend und schön ist es, wenn man einem Menschen ansehen kann, wie es ihr oder ihm geht. Es hatte sich schon länger eingebürgert, sich nichts anmerken zu lassen, keine "emotionalen Ausbrüche" zu haben. Keine Miene zu verziehen, gilt bei vielen als Stärke, vornehme Zurückhaltung, als wohlerzogen, und ein Pokerface sollte beim Gewinnen helfen.
Um nicht nur echt zu sein, sondern auch so wahrgenommen zu werden, bleiben derzeit die Augen und die Stimme, die Körperspannung und die Haltung.
Also neu "Lesen und Schreiben" lernen? Wahrnehmen und sich ausdrücken lernen und es auch tun, das sind die Mittel der Wahl.
In Jesu Bergpredigt heißt es: "Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen". So soll es sein, mit und ohne Maske. Also Mimik ersetzen durch Stimme, durch Worte und durch kreative Gesten, das ist wirklich wichtig in diesen Tagen.
Und dann wird es gut sein, wenn wir mal wieder Gesichter sehen, Gesichter in denen Traurigkeit und Freude zu sehen sind, stilles Lachen und verschlossene Angst, Sorge und Glück.
Ich wünsche Ihnen Gottes Segen für die beginnende Woche und Begegnungen, in denen Sie vergessen, dass wir Masken tragen.
Ihr Pfarrer Jochen Keßler-Rosa