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Diese Welt braucht dringend Weihnachten.

Liebe Leserin, lieber Leser,
liebe Mitarbeiterin, lieber Mitarbeiter,

es sollte eigentlich noch ein Gedicht sein im Advent.
Etwa so:
„Markt und Straßen stehn verlassen,
still erleuchtet jedes Haus,
sinnend geh ich durch die Gassen,
alles sieht so festlich aus.“ (Eichendorff)
oder
„Von draus vom Walde komm ich her,
ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr…“
(Knecht Ruprecht, nein, Theodor Strom).
 
Aber die Lage ist zu ernst und mir ist nicht nach Romantik zu Mute.
So schön Gedichte sein können, so nötig ist es, anzumerken, dass diese Welt Weihnachten dringend braucht.
„Der Retter ist nah“ und „Fürchtet euch nicht“ machen das deutlich.
Millionen Menschen hungern, fliehen, führen Krieg. Einige Machthaber haben jede Hemmung verloren im Erhalt ihrer Macht.
Corona kostet viele Menschenleben und gefährdet viele Existenzen. Pflegekräfte und medizinisches Personal arbeiten mit letzter Kraft und hoffen auf ein paar dienstfreie Stunden.
Wahrheiten werden beliebig verdreht, versendet und gelikt. Und das ist sicher noch nicht alles.
Da bringt vielleicht ein Spaziergang durch die festlich geschmückten Gassen Entspannung und Knecht Ruprecht willkommene Abwechslung, aber die Weihnachtsbotschaft ist das noch nicht.

Die Botschaft „Christ, der Retter ist da“ (aus: Stille Nacht) und „Kommt, dass Friede werde“ (aus: Seht die gute Zeit ist nah) wird von mir jedenfalls herbeigesehnt.
Diese Geburt, die unter so ärmlichen Bedingungen doch zu einem Fest wurde, und dieser unfassbar mutige und heilsam wirkende Jesus zeigen, dass Leben anders möglich ist. Es muss nicht viele Arme und wenige Milliardäre geben. Es müssen nicht die einen ohne ärztliche Hilfe bleiben und die anderen mehr Autos haben, als sie gleichzeitig nutzen können. Es muss friedliche Wahlen in allen Ländern geben und statt Krieg muss es faire Verhandlungen ohne Verlierer geben. Die Waffenexporte müssen nicht mehr werden, sondern eingestellt werden, und wer mehr hat, als er essen kann, muss auf die Idee kommen, andere einzuladen oder zu teilen.
So einfach und doch so schwer. Genau das beginnt am Heiligen Abend - alle Jahre wieder, weil wir Menschen Menschen sind und so schnell vergessen.

Ich wünsche Ihnen eine friedvolle und hoffnungsvolle Weihnachtszeit und viele liebevolle Gesten am Heiligen Abend.
Ihr Pfarrer Jochen Keßler-Rosa